Buchbesprechung Geldsozialismus – Teil 3
Eigentlich hatte ich einen dritten Teil der Buchbesprechung, Geldsozialismus von Roland Baader, versprochen, doch nicht zuletzt auf Grund geringem Interesse seitens der Leser, möchte ich kein weiteres Kapitel dieses so lesenswerten Buches mehr beleuchten. Anscheinend ist die Problematik vielen Menschen noch zu abstrakt. Nicht desto trotz möchte ich noch einen kleinen Abstecher in die aktuelle deutsche Geldpolitik unternehmen. Quasi als Gegenüberstellung zweier Welten.
Wie es der Zufall wollte, lese ich gerade (mit allerlei Unterbrechungen) das Buch Zug um Zug von Helmut Schmidt und Peer Steinbrück. Innerhalb der SPD das konservative Lager. Unmittelbar nach Lektüre des hier besprochenen Geldsozialismus machte ich mich daran, die Lektüre von Schmidt/Steinbrück wieder aufzunehmen und wie es der Zufall abermals wollte, kam ich fluchs zum Kapitel »Im Strudel der internationalen Finanzkrise«. Ha dachte ich, das ist ja interessant, doch was ich von den beiden ausgewiesenen Finanz-Experten der SPD lesen musste, war haarsträubend.
Wer die letzten beiden Teile dieser Rezension gelesen hat, der hat ein ungefähres Bild dessen, wie das aktuelle Geldpolitik-Kasino funktioniert. Es geht hauptsächlich um Schulden und darum, wie selbstverständlich der Tanz auf dem Vulkan mittlerweile geworden ist. So selbstverständlich, dass weder von Seiten der Politik noch von unseren Qualitätsmedien an die Möglichkeit einer echten Alternative gedacht wird. Sie ist inexistent. So auch bei Schmidt/Steinbrück. Hier wird über die Finanzkrise so gesprochen, als könne man sie mit dem ein oder anderen geschickten Schachzug wieder zum Guten wenden. Man räsoniert über Sachdetails die ich als Leser nicht mehr nachvollziehen kann. An der Basis des Übels aber rührt man nicht. So sagt zum Beispiel Roland Baader, dass es sich aktuell gar nicht um eine Finanzkrise handele, auch nicht um eine Wirtschaftskrise oder sontigem, es sei nichts weiter als eine Schuldenkrise.
Aber darum geht es nur am Rande bei Schmidt/Steinbrück. Man fachsimpelt an Details herum und der Leser gewinnt den Eindruck, zwei Ingenieure unterhalten sich auf der gerade untergehenden Titancic darüber, ob es Sinn machen würde, die Außenhaut des Schiffes beim nächten Mal mit einer anderen Legierung zu beschichten, um, wenn wieder so ein Eisberg in die Quere kommt, sich diesmal kein mehr Loch einzufangen; – ohne auch nur eine Sekunde einen Gedanken daran zu verschwenden, dass man mitsamt dem Schiff im Eismeer versinken wird und ob es nicht vielleicht besser gewesen wäre, den Eisberg in Zukunft zu umschiffen. So docktern Schmidt und Steinbrück an den aberwitzigsten Dingen rum, sie reißen auch mal das Thema Keynesianismus an, ohne ihn jedoch in Frage zu stellen. Im Gegenteil, Keynes wurde bloß falsch ausgelegt. Ich will mich nicht auf Schmidt/Steinbrück festschießen, bei der CDU/FDP ist es nicht anders.
Jene Schuldenpolitik scheint für das SPD-Duo wie das Amen zur Kirche zu gehören. Man schaue sich hierzu ein interessantes Video aus den 70ern an, als Schmidt Kanzler war und Franz-Josef Strauss mit einer Schuldenbergparabel im Bundestag seine Rethorik zum besten gab. Strauss beschrieb 1973 den höchsten Berg Deutschlands, den Schuldenberg. Heute, 2012, nachgerade ein Ameisenhaufen.
Noch interessanter in Zug um Zug wird es, als es um den »neuen« EZB-Cheft geht. Il Pate Mario Draghi. Man reibt sich die Augen folgendes lesen zu müssen:
Schmidt: Ich stimme Ihrem Urteil über die italienische Zentralbanker, die wir im Laufe der letztem dreisig Jahre erlebt haben, uneingeschränkt zu. Das gilt insbesondere für den neuen ZEB-Präsidenten Mario Draghi.
Steinbrück: […] Ich halte ihr uneingeschränkt für die beste Besetzung, die wir bekommen können für die Europäische Zentralbank, und verbinde das mit einem hohen Kompliment für die Arbeit von Jean-Claude Trichet.
Schmidt: Richtig! Und ein Kompliment für Padua-Schioppa, der inzwichen leider gestorben ist, und einem zusätzlichen Kompliment für den Staatspräsidenten Napolitano, einen ehemaligen Kommunisten.
Steinbrück: Das wusste ich nicht, dass er ein KP-Mann war.
Schmidt: Ja, das sieht man ihm heute nicht mehr an.
Was sagt man dazu? Der selbe Draghi hat in den letzten Monaten zwei Mal eine halbe Billion Euro gedruckt; das sind in etwa doppelt so viel, wie der aktuelle Marktwert des momentan schwersten Konzerns der Welt: Apple. Geldschöpfung aus dem Nichts.
Doch dessen nicht genug. Ebenso lese ich gerade Ron Pauls Buch End the Fed. Ein Buch über die gleiche Problematik des ungedeckten Papiergeldes mit seinen verherenden Folgen seit nunmehr 100 Jahren. Als Abgeordneter konnte Paul ganz offiziell zwei wichtige Zentralbankchefs befragen: Alan Greenspan und Ben Bernanke. Der Name Greenspan dürfte jeder schon einmal gehört haben, er war von 1987 bis 2006 Chef der amerikanischen Zentralbank (Fed), also knapp 20 Jahre. Was Ron Paul aufzeigt, ist entwaffnend. Ebenso stellt er Zitate von Greenspan vor der Zeit als Fed-Chef und danach gegenüber. Es ist die umgekehrte Gleichung vom Saulus zum Paulus.
Als Greenspan am Ende seiner Karriere noch seinen Ruf zu schützen suchte, da die amreikanische Staatsverschuldung längst alle Rekorde jagte, seien seine Aussagen, so Ron Paul, nur noch »erbärmlich« gewesen. Er gab den Computerprogramnmen die Schuld oder behauptete schlicht, die Fed hätte den Markt noch nicht ausreichend genug kontrolliert. Paul: Mit anderen Worten: Man schaffe die Bedingungen für Fehlinvestitionen und gleiche diese durch noch mehr staatliche Regulierung aus.
Greenspans Fazit: Capitalism is not working.
Sarah Wagenknecht würde sich ob solcher Zitate freuen. Doch gehen wir nochmal etwas weiter nach rechts um wieder bei Schmidt/Steinbrück die Kurve zu kriegen:
Helmut Schmidt:
Die Ausweitung der Geldmenge als unmittelbare Reaktion auf den 11. September war damals übrigens ganz vernünftig, das hat mit der heutigen Fananzikriese nichts zu tun.
Na, dann stimmt Greenspans berühmt gewordenes Zitat ja doch, wenn er behauptet:
Geldpolitik ist keine angewandte Wissenschaft, sondern Kunst!
[…] Fortsetzung folgt. […]