Sarrazin befreite Zone
Dieser nun folgende Artikel von Gideon Böss hat mir so gut gefallen, er ist ebenso ironisch amüsant, wie er den Nagel gleichermaßen auf den Kopf trifft, dass ich einen Artikel dazu posten werde.
Gideon Böss gehört zum Autorenteam Die Achse des Guten und bloggt unter dem Label Böss in Berlin. Heute erschien zum Thema der Vertreibung des Sarrazin aus Berlin Kreuzberg ein Artikel von ihm mit dem Titel Sarrazin befreite Zone. Grandios!
Sarrazin hat sich da eine ganz miese Nummer erlaubt und das Gebührenfernsehen ließ sich von ihm sogar noch einspannen. Er stolzierte einfach so durch Kreuzberg, obwohl doch jeder wusste, wie das ausgehen wird. Mit Protesten, spontaner Mobbildung und Gewaltandrohungen. Alles vom ZDF aufgenommen, das den Beitrag am kommenden Freitag senden wird. Es ist eine billige Provokation, die da abgelaufen ist. Man könnte auch einen Juden durch eine national befreite Zone schicken oder einen Fan von Schalke 04 in den Block des BVB setzen. Überall wäre der Skandal vorprogrammiert. So auch in Kreuzberg.
Es ist bekannt, dass Kreuzberg weltoffen, fröhlich und kreativ ist, aber alles hat natürlich seine Grenzen. Die Kreuzberger Toleranz zum Beispiel deckt folgende Problemfälle nicht ab: Atomkraft-Befürworter, S21-Unterstützer, Juden, Sarrazin, BILD-Leser, Banker, FDP-Mitglieder, CDU-Mitglieder, ausländische Touristen, Porsche-Fahrer, McDonalds, Aktienbesitzer und Schwule.
Außerdem ist nicht willkommen, wer kein Antikapitalist und kein Antiimperialist ist, wer im Kolonialismus nicht den Hauptgrund für die Probleme Afrikas sieht und den Westen nicht an und für sich schlecht findet. George Bush ist (weiterhin) das Böse, der Papst ebenfalls, dafür Ahmadinedschad aber nicht, weil das rassistisch und islamophob wäre und Rassisten und Islamophobe in Kreuzberg nix verloren haben. Die DDR war kein Unrechtsstaat, die Amis sind am 11. September selbst schuld (auch wegen Südamerika, Pinochet und so, die ganze Außenpolitik halt) und außerdem, wer hat die Taliban denn früher unterstützt? Kriege führt man immer ums Öl, sogar auf dem Balkan, wo es keines gibt. Polizeieinsätze sind Faschismus, der menschgemachte Klimawandel ein Fakt und wer „Deutschland schafft sich ab“ gelesen hat, ein Nazi. Noch schlimmer als lesende Nazis sind aber schreibende Nazis. Und da schließt sich der Kreis, denn Sarrazin hat dieses Buch ja geschrieben und nun wurde er also nach Kreuzberg geschickt, wo der fröhliche Antifaschismus gar nicht anders konnte, als daraufhin Leute zu bedrohen, die mit dem populärsten SPD-Mitglied diskutieren wollten.
Dieser weltoffene Mob zwang unter anderem einen Restaurant-Besitzer, Sarrazin nicht zu bedienen. Und das wird jetzt in der Schweinepresse-Presse groß als Beweis für die Intoleranz Kreuzbergs gewertet. Das ist natürlich nur Propaganda, denn der erwähnte Mob kann sehr wohl andere Weltsichten aushalten, das sieht man daran, dass in dem Restaurant, in welchem Sarrazin nicht bedient wurde, regelmäßig Mitglieder der Grauen Wölfe zu Gast sind. Waschechte Rechtsextremisten also, die es in Kreuzberg nur deswegen geben darf, weil es türkische Rechtsextremisten sind. Deutsche Rechtsextremisten sind wieder was anderes. Alles etwas kompliziert…
Fakt ist auf jeden Fall: Gegen Sarrazin halten alle zusammen, da reichen sich der (deutsche) Antifaschist und der (türkische) Faschist die Hand, um diesen militanten Fußnotentaliban zu vertreiben.
Von Sarrazins Schreibtisch darf nie wieder ein Bestseller ausgehen!