Massaker in Norwegen: Perfide Berichterstattung und Instrumentalisierung der Opfer [update]
Das Massaker von Norwegen ist weder erfasst noch verdaut, trotzdem überschlugen sich die Verlautbarungen in Presse und Blogszene ohne Rücksicht auf Verluste. Die Opfer scheinen bereits hinter der puren Zahl von 92 verschwunden zu sein. Mit Widerwärtigkeiten und cui bono übertrifft man sich hüben wie drüben. Am Beispiel tagesschau.de und Der Welt möchte ich aufzeigen, wie perfide die öffentllichen Medien mit dem furchtbaren Massaker in Norwegen umgehen. Auch die Blogger stellen sich nicht besser an. Links wie rechts. Entweder werden auch hier voreilig Schlüsse gezogen (PI) oder der Anschlag wird gleich zur Waffe umfunktioniert, um ihn für »die Sache« zu instrumentalisieren (Spiegelfechter). Letzteres finde ich besonders perfide.
Als am Freitagabend allmählich das verheerende Ausmaß des Anschlages bekannt wurde, aber man noch nichts über den Täter wußte, begannen die »Experten« von ARD mit ihrer »Analyse«. Man könne zwar noch nichts sagen, doch wäre es bereits jetzt an Hand kausaler Zusammenhänge nicht auszuschließen, dass es sich um einen Terroranschlag der Islamisten handele. Sehr wahrscheinlich Al-Qaida. Selbst ich, wahrlich kein Freund des Islams, relativierte im privaten Kreis mit diesen Vorschlüssen; man solle doch erst einmal die Fakten abwarten. Mehrere Stunden später war bereits klar, dass keine Islamisten dahinterstecken. Die FAZ (Wer solche Experten kennt, braucht keine Laien) schreibt heute in ihrem kritischen Kommentar u.a., dass in der EU im vergangenen Jahr auf 249 Terroranschläge, nur 3 davon islamischer Prägung waren.
Nach anfänglich völlig falschen Mutmaßungen also, werden nun, ohne jedwede Selbstkritik, die Geschütze auf den politischen Gegner aufgefahren. Noch bevor es eine verbale Verlautbarung des Täters gab, man wusste lediglich dass er der rechtsextremen Szene zuzuordnen sei, wurde die nächste Spekulationskeule gezückt. Diesmal aber mit politischem Kalkül. Ruckzuck war der Name Sarrazin ausgepackt und die singuläre Tat eines Wahnsinnigen, wurde mit dem seriösen Buch eines redlichen Autors in einen Topf geworfen (tagesschau.de). Alles was rechts der Mitte steht, ist somit ein potentieller Anders B. Das sind ungeheuerliche Entgleisungen (tagesschau.de). Schnell waren folgende Schlagbegriffe (Die Welt) in einem Satz untergebracht: Bedrohung durch Islam und die Linke, der Multikulturalismus und die politische Korrektheit. Punkt. Wohlgemerkt, vom 1500 Seiten starken »Manifest« (was vermutlich so wirr ist, dass es jeder in seinem Sinne deuten kann) wußte man enbensowenig wie von sonstigen Beweggründen. Es gab zu diesem Zeitpunkt lediglich ein Teilgeständnis.
Nicht besser die Blogs. PI, mein öfter konsultiertes Presseschau-Archiv für politisch inkorrekte Berichterstattung, tappte in die gleiche Falle und zog sich die Zusammenhänge an den Haaren herbei. In einem späteren Artikel ruderte man entschuldigend wieder zurück.
Die linke Blogszene steht dem in nichts nach. Zwar gab es dort keine voreilige »Berichterstattung«, aber nachdem die Katze aus dem Sack war, wurden sofort die »Kampf-Gegen-Rechts-Geschütze« aus dem Bunker gefahren. Beim Spiegelfechter heißt es gar:
Spätestens nach den Meldungen über einen Amoklauf in einem Juso-Ferienlager zerschlug sich diese Befürchtung [Anmerkung DK: dass Gaddafi dahinter steckt] jedoch glücklicherweise.
»Glücklicherweise« also. Juhuuu, endlich mal wieder ein Anschlag von Rechts! Hier ist die Sprache mehr als entlarvend. In den Kommentaren liest man beispielsweise, dass der Sarrazin ja am liebsten alle Hartz-IV-Empfänger ins KZ stecken würde. Diese Niveaulosigkeit bin ich selbst von den PI-Kommentatoren nicht gewohnt. Ich mach‘ mir die Welt, widdewidde wie sie mir gefällt …
So werden bereits jetzt die Opfer instrumentalisiert. Zuerst durch ihren Mörder (Aufmerksamkeit), dann durch die Presse (Sensationsberichterstattung) und nicht zuletzt durch die politische Ideologisierung. Letzteres wird uns sicherlich die nächsten Monate mit unerträglichen Schlammschlachten begleiten. Ekelhaft. Und die Opfer bleiben als bloße Zahl vergessen zurück: 92.
Nachtrag 29. Juli 2011
Tag für Tag bestätigte sich meine Befürchtung, dass völlig pietätslos nach dem »Schuldigen« gesucht wird und die ganze Tragödie zum bloßen Instrument der politischen Stimmungsmache verkommt; von den üblichen Verdächtigen ohnehin, bishin zur »konservativen« FAZ. Man lernte sehr viele neue und selbsternannte »Experten« kennen und nachdem die tagesschau diesbezüglich aus vollen Rohren schoss, liefen im ZDF justiziabel sicherlich anfechtbare manipulierte Berichte über PI, Broder & Co., sodass man den Eindruck hatte, man begrüße sich in diesen Kreisen traditionell mit »Heil Hitler«. Die Politik forderte noch mehr Mittel zum »Kampf gegen Rechts« und die türkischstämmige Journalistin Güner Balci (eigentlich ein Skandal bez. Pressefreiheit) wurde wegen eines aktuellen Beitrags mit und über Sarrazin mundtot gemacht. Und so weiter …
Die Opfer? Der Wahnsinnige? War da was? Gestern dann zwei Lichtblicke in der Welt, die ansonsten nicht weniger ins gleiche Horn getutet hat:
Wie ist es eigentlich möglich, dass ein Einzeltäter über eine Stunde lang zwischen 600 Jugendlichen herumschießt?
Der Mann hat zwischendruch nachladen müssen. Außerdem soll er von einem Zelt zum anderen gegangen sein, und Menschen in den Zelten erschossen haben. Überall ist Wald, die Insel ist nur 14 Hektar groß. Der Einzeltäter konnte sich unmöglich nach allen Seiten absichern.
Und die Opfer trösten sich gegenseitig, telefonieren und twittern. Und niemand greift den Mörder an. Über eine Stunde hinweg.
Ist das möglich? Lag das daran, dass es ein Zeltlager der Arbeiter-Jugend-Kampfgruppe war? So etwas würde in keinem Pfadfinder-Zeltlager funktionieren.
Lag es daran, dass der Einzeltäter als Polizist verkleidet war, und so Respekt einflößte? Wieviele Patronen hat der Einzeltäter verschossen? Wie schwer beladen ist er in Erscheinung getreten?
Ich, McGyver, hätte mir innerhalb von Minuten eine Zwille aus den Zelten gebaut, oder ich hätte den Einzeltäter mit Steinen beworfen.
Da stimmt was nicht! Waren das vielleicht mehrere Bewaffnete? Dafür spricht, dass gestern noch Verdächtige festgenommen wurden.
Wer war der Einzeltäter? Woher hatte er das Geld für seinen verschwenderischen Lebenswande? Er soll mehrere Unternehmen gegründet haben und 300000 Euro für sein Manifest ausgegeben haben. Kann er bald verwunderlicherweise der Justiz entfliehen?
@ Mc Gyver
Anbei ein link für Sie:
http://de.wikipedia.org/wiki/Glock-Pistole
Beachten Sie die Magazin-Kapazität und insbesondere den Hinweis auf einen trichterförmigen Adapter, der am Griffboden befestigt werden kann, um den Magazinwechsel schneller und sicherer zu machen.
Danke. Du hast damit recht. Es reichen zehn Kilogramm Munition und das Nachladen geht wohl doch innerhalb von zehn Sekunden.
Mir ist aber noch etwas Seltsames aufgefallen.
Von den fast 600 Jugendlichen hatten doch wohl sehr viele eine Kamera dabei. Selbst wenn sich jemand im Wald vor dem Mörder versteckt, hat er genug Zeit und Gelegenheit das Geschehen zu dokumentieren. Und irgendwer von den Überlebenden wird doch wohl solche Bilder oder Videos online stellen. Bis jetzt habe ich nichts davon gehört.
Wie ist es eigentlich möglich, dass die Zahl der auf Utøya ermordeten heute um 18 gesenkt worden ist? Vorher hat es geheißen, dass 5 vermisst würden. Das heißt doch wohl, dass 86 Leichen gefunden worden seien. Und jetzt sind es 18 Leichen weniger?
Wann fing das Schießen an? Wann wurde der erste Notruf abgesetzt? Wie wurde der Einzeltäter festgenommen. Darüber gibt es widersprüchliche Behauptungen.
Mich würde es nicht wundern, wenn bald der Tod des Einzeltäters verkündet wird.
Ich gehe auch davon aus, dass es keine Untersuchung der Ermordeten, insbesondere keine Untersuchung der verschossenen Projektile geben wird.
Die Seite http://www.medienanalyse-international.de/index1.html , die sich wie immer mit solchen Themen beschäftigt, ist übrigens seit mindestens sieben Stunden leer.
„Mir ist aber noch etwas Seltsames aufgefallen.
Von den fast 600 Jugendlichen hatten doch wohl sehr viele eine Kamera dabei. Selbst wenn sich jemand im Wald vor dem Mörder versteckt, hat er genug Zeit und Gelegenheit das Geschehen zu dokumentieren. Und irgendwer von den Überlebenden wird doch wohl solche Bilder oder Videos online stellen. Bis jetzt habe ich nichts davon gehört.“
Also ich persönlich würde in solch einer Situation eher das Weite suchen, anstatt potenziell Aufmerksamkeit zu erregen…
Ich finde es ja schlimm, dass es überhaupt Waffen zu kaufen gibt. Wozu soll man bitteschön eine Waffe kaufen? Ein Luftgewehr um Tauben zu schießen, ja von mir aus, aber solche Waffen? Einerseits.
Andererseits wäre es gut gewesen, eine ordentliche Wumme hätte es auf dem Anliegen dieser Insel gegeben. So stellt sich die Frage, wenn es ohnehin schon zu spät ist, gegen Waffenverkauf zu sein, warum dann nicht für alle? Oder wenigstens für solcherlei Gebäude einen autorisierten Waffenschrank, aus welchem man sich im Notfall bedienen kann? Letztendlich aber bleibt es ein Katz- und Mausspiel.
Sie schreiben:
„Beim Spiegelfechter heißt es gar:
`Spätestens nach den Meldungen über einen Amoklauf in einem Juso-Ferienlager zerschlug sich diese Befürchtung [Anmerkung DK: dass Gaddafi dahinter steckt] jedoch glücklicherweise.´
»Glücklicherweise« also. Juhuuu, endlich mal wieder ein Anschlag von Rechts! Hier ist die Sprache mehr als entlarvend.“
Das „Glücklicherweise“ im Spiegelfechter bezieht sich darauf, daß im Falle eines von Gaddafi veranlassten Anschlages mit weiteren Anschlägen zu rechnen wäre.
… so verteidigt sich jedenfalls der Spiegelfechter.
Ja, das paßt zum Berger, rechten Terrorismus für eine einmalige Ausnahmeerscheinung zu halten.
Jens Berger vom Spiegelfechter ist kein Teil der „linken Blogszene“. Er wäscht als Linksliberaler nur gerade sein Gewissen im Schonwaschgang, weil er doch neulich einen antifeministischen Gastbeitrag mit positivem Bezug zum neurechten Milieu veröffentlicht hatte und dafür reichlich Kritik einstecken mußte. Sich nun auf die Seite der Opfer zu stellen, macht aber aus Berger noch lange keinen Linken. Berger selbst bekennt regelmäßig, mit der Linken genau so wenig zu tun haben zu wollen wie mit Rechten auch. Nur dass der Anstand zu linken Inhalten und Autoren um einiges größer ist als der zu rechtem Populismus.
Wenn das so ist, dann frage ich mich, warum dort so viele »Hans Langhans’« ihre Kommentare zum besten geben. Es kommt wohl immer darauf an, wo man selbst steht.
Hatte ich gelesen. Nun sagen wir mal, innerhalb des linkspolitischen Spektrums ist Jens Berger nicht unbedingt ein Feminist.
Seit wann ist gerade das eine linke Eigenschaft? Ist doch die Linke sonst eher der Täterversteher: Islam- und Migrationsversteher für die die U-Bahn-Tret-Brigaden genau so Opfer unserer Gesellschaft sind, wie seinerzeit die RAF. Die die sich Sorgen um die islamgerechte Beerdigung eines Osama Bin Laden machen oder »Verständnis« für die Hamas aufbringen. Und so weiter.
Das bedeutet also, linkes Gesagtes ist immer Inhalt und »rechtes« generell Populismus? Und dass das dann mehr Anstand hat, muss wohl so sein. Und genau darin liegt das Hauptproblem der linken Selbsteinschätzung. Und was das Wort Populismus betrifft, so hören es doch auch die Linken nicht gerne, wenn man ihren Oskar so nennt, oder? Ich übrigens auch nicht.
Es kommt auf die Inhalte an. Etwas gegen Rechte zu haben, ist noch lange keine linke Politik. Berger bietet aber keine linken Inhalte, sondern – wenn überhaupt und auch nur gerade, weil es hipp ist – ein bisschen halbherziges Antirechtsgelaber.
Linke Politik und so ein plumper Antifeminismus, so wie Berger ihn betreibt, sind miteinander unvereinbar. Aber dieses Problem stellt sich ihm auch nicht. Er ist bestenfalls ein teilzeitantifaschist und die müssen dann auch keine Feministen sein. Mit linker Politik ist ein derart simpler Antifeminismus wie Berger ihn betreibt, nicht kompatibel. Spätestens hier sollte man dann sein Selbstbekenntnis, ein Linker zu sein, in Frage stellen. Linkssein ist ja nun keine Modeerscheinung, wo man sich mal so oder so äußern kann und prinzipienlos auf jeden Güterwaggon aufspringt und auf die bösen Regierungen schimpft.
Solidarität mit Opfern ist eben keine linke Theorie, sondern nur Bergers Hobby. Linke sind aber auch keine Täterschützer, sondern solidarisieren sich mit Ideen und Prinzipien.
Nein, das bedeutet es nicht. Es gibt auch linken Populismus. Oskar Lafontaine zum beispiel. Oder Jens Berger eben, der sich Linker nennt.