Stadtbad Saarbrücken geht baden
Nun ist’s endlich geschafft. Was von Anfang an gewollt, ist nun gedeckelt: Das altehrwürdige Stadtbad Saarbrücken geht baden und wird zum Altenheim umgebaut. Auf zum nächsten Akt des Saarländischen Kulturausverkaufs. Wann endlich, und vor allem wie, wird man diese Betonköpfe, Marionetten und Strippenzieher los? Bühne frei für den nächsten Fauxpas aus Saarbrücken!
Es ist gleiches Spiel und Prinzip. Die Stadt ist pleite und hat zudem kaum Sinn für Kultur. Ämterträger sind in Abhängigkeiten verstrickt und ein Investor betritt die Bühne. Der Rest ist Routine. Zwar dauert’s meistens Jahre, bis man sich gegen Bürger, Kulturtrteibende und unkommerziellen Interessen gegenüber durchgesetzt hat, aber am Ende steht meistens ein Paar: Der Investor auf der einen, die Stadt auf der anderen Seite. Letztere mit etwas Taschengeld in der Hand. Nie Wiederkehrendes für eine Hand voll Dollar.
Mit dem Stadtbad sind somit mehrere Chancen vertan. Primär als innerstädtisches Schwimmbad, Sport- und Fitnesscenter und im Anschluß der Schließung, als alternativ-kreative Kulturstädte. Beides wurde nicht gewollt. Auch der Historie trägt man nicht wirklich Rechnung.
Man erwägt ein Gebäudekomplex für eine Investition von ca. 15 Millionen Euro. Dadurch werde das gesamte Stadtviertel aufgewertet
. Aufwertung also, soso. Wie’s fertig einmal ausschaut, kann man sich unschwer vorstellen. Es überrascht auch nicht, dass die ersehnte Nachfolge des ehemaligen Baudezernenten Dieter Ehrmanntraut, Rena Wandel-Hoefer das Vorhaben abgenickt hat. Schmerzensfreie Hand in Hand.
Das Schwimmbad
Als Kaiser-Friedrich-Bad wurde das Stadtbad 1906 erbaut. Im Jahre 2001 legte die Stadt Saarbrücken das Bad wegen zu hoher Kosten
still. Zu hohe Kosten. Man überlege sich das. Das Bad hat zwei Weltkriege (!) überlebt. Die Menschen hatten Not und nichts zu essen aber trotzdem ein Bad. Nun, in der kriegslosen Zeit in der soviel Geld im Umlauf ist, kann sich eine Landeshauptstadt kein einziges Hallenbad mehr leisten.
Ich selbst war dort regelmäßig schwimmen. Man konnte zu Fuß das Bad erreichen und war nicht auf Verkehrsmittel angewiesen. Man habe ja nun das (private) Calypso, so die Stadt als Vorwand. Dieses Ding ist Null Alternative. Teuer, überfurzt und die richtigen Schwimmbahnen sind meintens von Vereinen belegt oder aus sonstigen Gründen nicht nutzbar. Da geh‘ ich lieber in die Saar schwimmen.
Das Kulturzentrum
Nach der Schließung des Bades bildete sich die Projektgruppe Stattbad um dem Verbleib des Gebäudes immerhin noch einen kluturellen Wert zu geben und stellte, in ehrenamtlicher Fleißarbeit über Jahre hinweg interessante Konzepte vor. Konzerte und andere Veranstaltungen schüttelte die Saarbrücker Subkulturszene schnell und spontan aus dem Handgelenk. Mit überwältigendem Erfolg. Die Kulisse, in einem leeren Schwimmbecken quasi Bühne und Zuschauerraum zu haben war genial. Nicht jedoch für die am längeren Hebel sitzenden Lobbyisten.
In lebendiger Erinnerung ist mir noch eine Podiumsdiskussion in der Johanneskirche. Die damalige kulturpolitische Sprecherin der FDP Stadtratsfraktion Karin Nehl argumentierte ernshaft, für Kultur, insbesondere für jüngere Menschen, gäbe es doch schließlich schon die KUFA. Das war keine Ausflucht, sie meinte das tatsächlich ernst.
Denkmalschutz
Auch das Stadtbad steht unter sog. Denkmalschutz. Wieviel das bringt, sieht man an der Bergwerksdirektion, von welcher nur noch Außenfassade als Schaukulisse übrig geblieben ist. Insbesondere die Zolnhofer-Mosaiken und die Schwimmhalle sollen erhalten bleiben. Geplant ist, diese später von der Richard-Wagner-Straße aus einsehen zu können. Sozusagen als Zugeständnis an den Bürger. Statt das Bad als solches nutzen zu können, kann er nun b-e-t-r-a-c-h-t-e-n, was er früher real tun konnte. Toll ist das. Kultur für die Vitrine. Willkommen in Absurdistan.
Nun, so funktioniert sie, unsere »Demokratie«. Im Kaiserreich gab’s erhabene Schwimmbäder, heute die Fassade zum angucken. Welch ein Fortschritt. Den Kaiser oder König konnte man wenigstens noch enthaupten, doch welchen Aal hängt man heute?
Infos:
Saarbrücken:
Schwimmbadschließungen – Politische Trickserien und die fatalen Folgen für die Gesellschaft http://clemensweins.de/blog/?p=807
Ich schließe mich voll und ganz Gianni an.
Habe auch im kleinen Becken unten im Keller schwimmen gelernt und mir nach der Schwimmstunde oben im Kiosk Süßigkeiten gekauft 🙂
Wenn man die alten Bilder sieht , kommen einem viele Erinnerungen hoch. Sportunterricht in der linken Halle mit unserer peinlichen Sportlehrerin, oder das hundertfache Anbetteln des Bademeisters den 3-Meter-Turm doch noch ein letztes Mal zu öffnen 🙂
Als ich mich damals erkundigt habe warum das Bad geschlossen wurde , sagte man mir da ja jetzt das Calypso gebaut würde, ein zweites Schwimmbad überflüssig wäre.
Das Calypso ist aber als reines Spaßbad konzipiert und hat eine sehr ungünstige Lage im Vergleich zum alten Kaiser Wilhelm Bad 🙂
Wir alle werden noch lange an diesem Kulturverlust zehren.
ich habe mein halbes leben an diesem wundervollen ort verbracht und für mich ist es ein unding dass den vereinen ihre trainigsstätte , den senioren eine zentrale möglichkeit der begegnung und menschen wie mir einfach ein stück leben , die erinnerung und lebensqualität genommen wurde.Zumal das Bad für mich das schönste aller schwimmbäder ist. Die Kleine Halle 3 🙂 da hab ich schwimmen gelernt,später dann in halle 2 für wettkämpfe trainiert oder donnerstags im regulären betrieb die spiel-und-tobstunde besucht.Halle 1 war Samstags ein regelmässiger Treffpunkt für uns wasserrattten 🙂 Egal ob Schwimmen , Joggen , Tischtennis , Volleyball , Mädels kennenlernen`;) oder einfach nur abhängen. Das Saabrücker Stadtbad hatte wirklich alles was ein schwimmbad braucht 🙁
rest in peace guddes stadtbad
p.s man sollte lotto spielen und den gewinn eben in dieses schöne bad investieren 🙁
Hier ein Beispiel aus Roubaix in Frankreich: dort wurde das Stadtbad zum Museum:
http://www.roubaix-lapiscine.com (Englisch und Franzoesisch)